Portrait H. - Die gescheiterte Hoffnung, 2005

Malerei, Installation, Musik und Tondokumente am 16.04.2005 20.00 Uhr
Stadtbad Oderberger Strasse in Berlin
Originalton: "Mondnacht" von Robert Schumann
Gesang: Katharina Leu
Begleitung: Wolf Peucker

 

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Die Gemälde
Eine Anzahl meiner Arbeiten, die sich mit der Romantik und dem Nationalsozialismus auseinander setzten, wurden in dieser Performance, bzw. Installation gezeigt: Die Gemälde „Friedrich I-III“, „Kunst I“ mit der Darstellung des Katalogumschlages der Entarteten-Kunst-Ausstellung von 1937
in München und „Kunst II (Messerschmid-Übermalung von Arnulf Reiner)“. Außerdem waren ein Portrait von Eva Braun, das Bild „Zähne“ sowie die Kopie des Gemäldes „Bad im Bergsee“ von Julius Engelhard, einem nationalsozialistischen Maler, zu sehen.

Die Inszenierung
Das Projekt „Portrait H. - Die gescheiterte Hoffnung“ wurde als eine audiovisuelle Inszenierung in den Räumen der ehemaligen Schwimmhalle Oderberger Straße in Berlin realisiert. Kern des Projekts war das Spannungsverhältnis zwischen Faksimileabbildungen des künstlerischen Schaffens Adolf Hitlers und den Duschräumen der Schwimmhalle, in der sie präsentiert wurden. Das malerische Unvermögen, bzw. die Harmlosigkeit in Hitlers Gemälden spiegeln eine bis heute weitverbreitete geradezu „krachlederne“, „musikantenstadlmäßige“ Romantikauffassung wider, bei der jegliche Abweichung von Konformität bzw. allgemein geteilten Klischees als Bedrohung wahrgenommen wird. Sie lässt gerade in der vollkommenen Ausblendung unerwünschter Realität eine Gesinnung erahnen, die auch zu den Duschen von Auschwitz führte.
Aus dem Off war, einem dämonischen Raunen gleich, die geheime Himmler-Rede in Posen vom Oktober 1943 über sein Konzept der „Zukunft“ zu hören, gegen die im Hauptraum eine Sopranistin mit Schumann-Liedern an sang und eine Sprecherin Auszüge aus Hitlers Rede anlässlich der Eröffnung der „Ersten Deutschen Kunstausstellung“ von 1937 verlas.
Im Zentrum der ehemaligen Schwimmhalle befand sich ein etwa drei Meter hoher Nachbau der Eistrümmer aus C.D. Friedrichs Bild „Die gescheiterte Hoffnung“ von 1823/24.
C.D. Friedrich, der Protagonist der Romantik, einer Kunst des Verlusts und der Sehnsucht am Vorabend der industriellen Moderne, wurde von den Nationalsozialisten systematisch ideologisch vereinnahmt. Die Installation verstand ich als Metapher dafür, wie schnell eine geistige Trümmerlandschaft, im Sinne einer einseitigen, im Grunde eskapistischen Sicht auf die Welt, eine reale Verwüstung bewirken kann, wenn sie denn mit Macht ausgestattet ist.

Marius Heckmann, 2005

 

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Bilder vom Eröffnungsabend am 16.04.2005 im Stadtbad Oderberger Strasse

Mitwirkende:
Katharina Leu (Musikauswahl und Gesang),
Wolf Peuker (Musik),
Michael Hassel (Technik)
Anja Leu (praktische Umsetzung),
Marius Heckmann (Idee, Konzeption, Malerei)

 

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"Eisberg", Styropor, 6,50 x 3,50 x4 m, 2005 und C.D.Friedrich, 1821

Die Vorlage zur Skulptur lieferte das Bild "Die gescheiterte Hoffnung" von Caspar David Friedrich, Sinnbild des Scheiterns der modernen Zivilisation an den Kräften der Naturgewalten.
"Hoffnung":, so hieß die gescheiterte Polarexpedition des Engländers Edward William Parrys im Jahre 1820.

 

KUNSTRUNDGANG
Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

taz Berlin lokal Nr. 7644 vom 20.4.2005, Seite 27, 64 Kommentar MeikeJansen, Kolumne

Die Situation ist schwierig: Der Feinstaub ruiniert die Gesundheit, die finanzielle Situation die nächtliche Ruhe. Und dann liest man von einem Pärchen, das mit 2.000 Euro an Spendengeldern nach Sri Lanka fuhr, aber nach nur wenigen Tagen unverrichteter Dinge die Rückreise antrat, da sie kein Elend sehen konnten. Helfen ist eben nicht zwingend ein romantischer Akt.
Den suchte man auch am Wochenende im Stadtbad Oderberger Straße vergebens, obwohl hier ein romantischer Maler im Mittelpunkt stand. Denn am Boden des Beckens türmte sich eine plastische Rekonstruktion von Caspar David Friedrichs Bild "Das Eismeer" aus scharfkantigem, weißem Holz, umringt von Ölbildern des Künstlers Marius Heckmann und Textdokumenten aus der NS-Zeit. Die Bilder Heckmanns sollten auf die Ausstellung "Entartete Kunst" verweisen. Eine Tapete mit feiernden jungen Menschen im Stil einer Beatparty bot den Hintergrund für einige der Gemälde. Dazu gab es Lieder von Robert Schumann live vorgetragen. In den Duschräumen waren Reproduktionen der Bilder Hitlers zu sehen, bei deren Betrachtung man direkt unter die Duschen trat. Plakative Fragmente, die sich mit dem Raum zu einer unwirklichen Atmosphäre zusammenfanden. Doch zurück zum Eismeer C. D. Friedrichs, dessen Deutung weit über das bloße Darstellen einer Schiffskatastrophe hinaus geht. Die Kälte der politischen Landschaft, damals hervorgerufen durch den gefassten Beschluss, alle Freiheitsbestrebungen in Europa zu unterdrücken, bewirkte eine Vereisung des Klimas. Die nach oben getürmten Eisschollen, riesig gegen das fast schon versunkene Schiff - die "gescheiterte Hoffnung" -, sind ein klagendes Mahnmal in der Eiswüste. Aber oben öffnet sich der Himmel. An der Oderberger Straße aber blieb der Raum geschlossen. Keine Hoffnung in Sicht?